Von Günter, 01.05.2024

BUNDESJAZZORCHESTER/ DERYAN TÜRKAN/ MARC MEAN FIELDS/ GHOST-NOTE/ ERLEND OYE & LA COMIVITA/ NUBYAN TWIST

Jede Woche wieder, meine 3 Probleme: Für welche der vielen Neuheiten ist Platz, behandele ich die Produkte fair, und welches Cover zeige ich?

Bundesjazzorchester – Jugend forsch

Heute mal vorweg der Nachwuchs. Wobei der Klangkörper schon vergleichsweise alt ist, aber immer wieder neu aufgestellt wird. Es geht um das BUNDESJAZZORCHESTER. Zum 35. Geburtstag gibt’s eine Live CD. Zusammengestellt aus den letzten 5 Jahren finden sich hier Aufnahmen dreier Generationen des Projekts. Unter Führung durch Ansgar Striepens und Niels Klein und zum Teil mit renommierten Gast-Solisten (Django Bates, Randy Brecker) geht es durch ein bunt gemischtes Big Band Programm aus eigenen Kompositionen und Klassikern aus Jazz und Pop. Ob mit Gesang oder ohne, das grosse Ensemble funktioniert sehr gut miteinander, keine grossen Experimente und dennoch frisch und dynamisch.

Zurückgeschraubt auf das Minimum. DERYA TÜRKAN’s „Istanbul Kitchen II“ präsentiert er allein. Sein Instrument heisst Kemence, hat 3 Saiten, die mit einem Bogen gespielt werden. Auf wenigen Tracks erhält er für die Interpretation der teilweise über 300 Jahre alten Kompositionen Unterstützung durch sehr dezente Perkussions-Arbeit von Robbie Kieckens. Sehr speziell, ein Faible für morgenländische Musik sollte vorhanden sein.

Marc Mean Fields – Eintauchen und wegschweben

Das ‚klassische‘ Jazz Trio, p,b,dr ist einfach nicht tot zu kriegen. Ständig neue Namen, neue Ansätze, wie in diesem Fall MARC MEAN FIELDS mit seinen Kollegen Paul Amereller und Patrice Moret. „Mist“ enthält nur eigenes Material und komponiert ist wohl etwas zu konkret. Klingt mehr nach vorgegebenem Rahmen innerhalb dessen auf Augenkontakt improvisiert wird. Nicht aufschrecken! Die drei liefern für mich die entspannteste Trio Musik der letzten Zeit. Eigene Harmonien, keine Fertigkeitsdemonstrationen, sondern sensibles, gemeinsames Ausloten der Tonfolgen und dabei immer in Melodien ausdrücken. Toll!

Ghost-Note – To funk or not to funk..

Jetzt auf‘s Gaspedal. GHOST-NOTE beackern ein Feld, das in der jüngsten Vergangenheit etwas in Vergessenheit geraten ist: Rock Funk. Mit 5 Köpfen an Tasten, Saiten und Drums und 4 Bläsern lassen sie beste Erinnerungen an z.B. Tower of Power (immer noch aktiv!) aufleben. Zwischen zackigen Arrangements, die auch vom ‚Godfather‘, besser Fred Wesley, stammen könnten, melodiös fliessenden Grooves und Anspielungen auf sowohl die Yellowjackets als auch Steely Dan zeigen sie auf „Mustard n‘ Onions“ ziemlich exakt, wie sie Einflüsse und Zielsetzung gekonnt unter einen Hut bringen und dabei auf die Hilfe von Marcus Miller und Bernhard Wright (Chic) zählen können.

Zu sanften Klängen. Wer die Kings of Conveniense vermisst, sollte gern in das neue Werk der einen Hälfte des Duos eintauchen. ERLEND OYE & LA COMITIVA nennt sich das Projekt, mit dem die 4 Musiker fast ausschliesslich auf Saiten-Instrumenten (Gitarren, Ukulele….) durch die bunte Welt der Musik reisen. Latein Amerika, Brasilien, Italien, Rhythmen und Melodien dieser Provenienzen setzen sie reizvoll sowohl instrumental als auch in 2 Sprachen wechselnd gesungen um. Easy as a Sunday Morning.

Wenig Platz für die meistgehörte der Woche. „Reach my Soul“ ist das 4. Album des 9 Personen Kollektivs NUBYAN TWIST. So Multikulti wie die Band aufgestellt ist, klingt auch die Musik, afrikanische Motive, amerikanische Grooves, karibische Momente, zusammengesetzt zu einer spannenden Mixtur. Afro Beats durch den Karibik-Wolf gedreht, jazzige Intros, endend in kongolesischer Rumba und natürlich Funk und Soul. Mit passenden Aushilfs-Vokalisten, raffinierten Bläsern und einer überzeugenden Sängerin. Die Gäste Nile Rodgers, Seun Kuti und Mamani Diabate geben ihre spezifischen Klänge dazu. Sonne, komm‘ raus!

Archivtexte Ohrenschmauch

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